Veränderung beginnt im Nervensystem: Wie du Stabilität in unsicheren Zeiten findest
Anna sitzt abends auf ihrem Sofa.
In der Hand hält sie ein Schreiben ihres Arbeitgebers:
“Neustrukturierung. Ihr Aufgabenfeld wird sich verändern.”
Obwohl sie äußerlich ruhig wirkt, spürt sie, wie ihr Herz schneller schlägt. Ihre Hände werden leicht feucht.
Ohne es zu wollen, malt ihr Verstand Schreckensszenarien. Dabei ist noch gar nichts geschehen – außer in ihrem Nervensystem.
Es hat längst Alarm geschlagen.
Veränderung berührt mehr als nur den Kopf. Veränderungen lösen nicht nur neue Pläne aus – sie beeinflussen auch unser Nervensystem und stellen uns auf die Probe, ob wir uns in diesen Phasen gut führen und gut navigieren können.
Wer das versteht, kann nicht nur resilienter werden, sondern Veränderung aktiv gestalten.
Das Wissen darüber, was in uns passiert und wie wir gezielt Einfluss nehmen können auf innere Zustände, gibt uns Werkzeuge in die Hand:
Wir müssen nicht passiv mitgezogen werden, sondern können bewusst agieren.
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1️⃣ Was passiert bei Veränderung im Körper?
Das nicht regulierte Nervensystem reagiert auf ungewisse Situationen und Veränderung oft zunächst so, als stünde eine Bedrohung bevor. Die sogenannte **Fight-Flight-Freeze-Reaktion** (Kampf-Flucht-Erstarrung) wird aktiviert.
Nach der Polyvagal-Theorie von Stephen Porges ist das autonome Nervensystem darauf ausgelegt, ständig Gefahren einzuschätzen – auch, wenn objektiv (noch) keine Bedrohung da ist.
Bei Unsicherheit – wenn man nicht weiß, was vor sich geht und man den eigenen Körper nicht bewusst regulieren kann – verändern sich:
* Herzschlag
* Atmung
* Muskeltonus
Das erklärt, warum wir in Veränderungsphasen oft nervös, erschöpft oder überreizt sind, auch wenn „äußerlich“ noch nichts passiert ist.
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2️⃣ Warum Stabilität im Inneren entsteht, nicht im Außen
Viele Menschen versuchen, sich über äußere Strukturen sicher zu fühlen: einen festen Job, stabile Beziehungen, klare Regeln. Das kann helfen und eine grundsätzlich stabile Basis geben.
Doch die Wahrheit ist: **Das Außen kann nie 100 % Sicherheit garantieren.**
Gerade in Wandlungsphasen, die wir glauben nicht in unserer Hand zu haben, relativiert sich das Gefühl der Stabilität oft. Deshalb wird **Interozeption**, also die Selbstwahrnehmung unserer inneren Zustände, zur Schlüsselkompetenz für mentale Gesundheit.
Wenn wir lernen, unsere inneren Signale wahrzunehmen, einzuschätzen und zu regulieren, können wir auch mit Unsicherheiten besser umgehen. Ohne die bewusste Einschätzung und Einflussnahme – ich nenne es: die aktive & positive Selbstansprache – verhält sich der Mensch oft so, als sei er auf offener See – auf einem Boot, das ein Leck hat.
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3️⃣ Was sagt die Forschung?
Studien bestätigen, wie wichtig diese innere Arbeit ist:
* Eine **Studie der Harvard Medical School (2022)** zeigte, dass mindfulness-basierte Stressreduktion die Resilienz bei Veränderungen um durchschnittlich 38 % verbessert.
* Die **Weltgesundheitsorganisation (WHO)** empfiehlt seit 2024 verstärkt, „psychoemotionale Begleitung in organisationalen Veränderungsprozessen“ anzubieten, um Stressfolgen vorzubeugen.
Das zeigt: Mentale Gesundheit ist längst nicht mehr nur „Privatsache“, sondern ein gesellschaftlich relevantes Thema.
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4️⃣ Praktische Strategien zur Stabilisierung
Du kannst dein Nervensystem gezielt unterstützen – hier drei konkrete Ansätze:
🌬 Atemregulation:
Übe regelmäßig die 4–7–8-Atmung (4 Sekunden einatmen, 7 Sekunden halten, 8 Sekunden ausatmen). Das beruhigt dein autonomes Nervensystem.
🌿 Embodiment-Übungen:
Erdungsübungen wie bewusster Bodenkontakt, Körperwahrnehmung oder kleine Bewegungsimpulse helfen dir, im Hier und Jetzt anzukommen.
💡 Mentale Ressourcenarbeit:
Mache dir deine Stärken, deine Werte und deine Erfolge gezielt bewusst. Mache dir auch die Hindernisse glasklar bewusst. Und begegne ihnen nicht hilflos, sondern mit der Kraft deiner vorhandenen Ressourcen. Ressourcenbewusstsein ist in Krisen das A und O. Werde dir also bewusst: Was hat dir in der Vergangenheit geholfen? Welche inneren Qualitäten kamen dir zu Hilfe und welche kannst du jetzt, in diesem Augenblick, aktivieren, um das Hindernis zu überwinden? Wenn es nicht weiterzugehen scheint: Welcher gute Grund bindet dich aktuell noch an das Hindernis? Was darfst du für die Umsetzung deiner Pläne noch erkennen, bevor es weitergehen kann?
Letztlich dient diese Standortbestimmung und deine bewusste Ausrichtung nachhaltig deinem Lebenserfolg. Das Gefühl zu haben, das Leben wieder bewusst in den eigenen Händen nehmen zu können, macht 100% Unterschied.
Hieran erkennen auch Führungskräfte sehr klar: Bei Changeprozessen braucht es für Mitarbeiter das Gefühl, am Change aktiv beteiligt und positiv eingebunden zu sein, und nicht hilflos auf offener See schwimmen zu müssen. Es muss einen Rahmen geben, der diese Bedarfe gezielt aufgreift, kommuniziert und behandeln kann.
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Zusammenfassung: Vom Getriebenen zum Gestalter
Veränderung passiert nicht nur im Kopf, sondern auch im Körper. Beide Ebenen müssen also gerade in Krisenzeiten und in Changeprozessen bewusst adressiert werden. Wer lernt, sein Nervensystem zu regulieren, bleibt auch in stürmischen Zeiten selbstbewusst und handlungsfähig.
Du musst nicht länger Getriebene oder Getriebener deiner Umstände sein.
Du kannst zum Gestalter deiner eigenen Veränderung werden.
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👉 Wenn du Unterstützung auf diesem Weg suchst, begleite ich dich gerne – in meinen Coachings, Mentorings oder Beratungen.
Melde dich gerne zu einem Vorgespräch, um mit mir herauszufinden, was dich am besten unterstützt.
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